Unterwegs im Rebberg

Winzerbesuche Piemont – April 2019

Bernadette Schoenenberger | 12.04.2019 | Lesezeit 5 Min. Winzerbesuche Piemont – April 2019

Von der Po-Ebene kommend, erreichen wir die hügelige Landschaft des Roero und befinden uns inmitten des Unesco Weltkulturerbes.

Negro e filgli

Giovanni Negro und seine Nachkommen engagieren sich mit grossem Enthusiasmus für ihren Familienbetrieb. Kultiviert werden ausschliesslich autochthone Rebsorten. Wir sind angetan von der Frische des Arneis Serra Lupini und der Tiefe des Perdaudin. Die Erkenntnis, dass viele Böden organisch verarmt sind, führte zu einer Regenwurmzucht bei Negros. Aus den Exkrementen der Würmer wird der organischen Dünger gewonnen. Der eigene Humus ist der Stolz der Familie und ist zusammen mit der «The Green Experience-Zertifizierung» zu einem wichtigen Bestandteil der Betriebsphilosophie geworden.

Negro e filgli Keller Piemont
Der mystische Keller von Negro e filgli

Poderi Marcarini

In La Morra befinden wir uns in einem der bedeutendsten Winzerdörfer im Barolo-Gebiet. Hier besuchen wir das Weingut Poderi Marcarini. Der Betrieb wird geführt von Manuel Marchetti, zusammen mit seinem Sohn Andrea und den beiden Töchtern Chiara und Elisa. Unsere Zusammenarbeit und die freundschaftliche Beziehung mit der Familie Marcarini besteht seit über 40 Jahren. – Vom Weingut geniesst man einen atemberaubenden Blick auf die Barolo-Rebberge.  Die heutige Kellermauer des Weingutes war im 18. Jahrhundert Teil des Stadtturms von La Morra und gehört zu den ältesten Gebäuden des Dorfes. Andrea Marchetti führt uns durch den eindrücklichen historischen Keller. Die Familie ist einer der grössten Besitzer der berühmten Barolo-Lage Brunate.

Die Bewirtschaftung der Rebberge orientiert sich seit vielen Jahren am biologischen Rebbau. An der Univerität in Alba wurde aus den Marcarini-Rebbergen die eigene Hefe selektioniert. Die Weine werden in alten, slawonischen Eichenfässern, bis 40hl und mit ausgesprochen langen Maischestandzeiten sehr traditionell vinifiziert. Sie sind pur, klar und definiert und besitzen ein enorm feinkörniges Gerbstoffgerüst. Der verkostete Barolo Brunate aus dem Jahr 2004 brilliert mit Frucht und Frische und seidigem Tannin und zeigt eindrücklich das Lagerpotenzial dieser Weine. Mit der 6.  Generation bekommen die Weine ein neues Label, wiedererkennbar, aber aufgefrischt.

Poderi Marcarini Barolo Piemont
Blick auf die Barolo-Rebberge

Cogno

Valter Fissore erwartet uns auf seinem Weingut Cogno in Novello. Valter und seine Frau Nadja Cogno haben sich den lokaltypischen Rebsorten verschrieben. Ausser Nebbiolo wird Barbera, Dolcetto und die weisse Anas-Cetta kultiviert. Bei Nebbiolo-Neupflanzungen wird grosser Wert auf die Klonenwahl gelegt. Seit zehn Jahren werden die Reben organisch bearbeitet. Valter stellt fest, dass seine Weine  seither eleganter, finessenreicher und saftiger sind. Zudem seien die Reben resistenter.

Auf der Terrasse sind wir unmittelbar umgeben von der Lage Ravera. Innerhalb des Ravera befindet sich die Parzelle woraus Bricco Pernice gekeltert wird, als auch die Einzellage Vigna Elena. Während sich der Vigna Elena eher feminin-blumig präsentiert, zeigt sich der Bricco Pernice von der maskulineren Seite. Der Barbaresco Bordini ist ein beispielhafter Barbaresco, da betörend in Duft und Blumigkeit. Zudem ist Valter Fissore der Bewahrer der weissen Varietät Anas-Cetta, eine autochthone Sorte aus Novello die auf dem Weingut Cogno seit je her kultiviert und gepflegt wird, aber lange Zeit vom Aussterben bedroht war. Heute widmen sich sieben Winzer der Sorte auf 12ha. Die Weine begeistern durchwegs mit Frische und Saftigkeit, zeigen Frucht und Eleganz, gepaart mit bestens austarierten Tanninen.

Cogno Valter Fissore Piemont Martel Team
Das Martel Team mit Valter Fissore

Oddero

Zurück in La Morra sind wir voller Neugierde und freuen wir uns auf den Besuch bei unserem neuen Winzerpartner Oddero. Die Geschichte des Weingutes geht zurück ins 18. Jahrhundert und ist heute von Frauenhand geführt. Mariacristina studierte Agrarwissenschaft mit Spezialisierung Önologie und mit Isabella und Pietro ist bereits die nächste Generation mit grosser Begeisterung involviert.

Auf der Tour durch die Reben spüren wir die riesige Leidenschaft ihres Schaffens und die Überzeugung ihrer naturnahen Arbeit. Die Begrünung der Rebzeilen sorgen für organische Düngung und aktiviert das Bodenleben. Seit einigen Jahren sind denn auch 18ha der Nebbiolo-Lagen biozertifiziert. Die Familie Oddero verfügt über eigene Reben in den verschiedenen Terroirs des Barolo-Tals, in Serralunga und Barbaresco. Grosse Lagennamen schmücken ihr Portfolio. Sortenspiegel als auch Weinbereitungsmethoden und Weinstilistik sind sehr traditionell geprägt. Die Weine präsentieren sich griffig, kompakt und spannungsvoll mit vifer Lebendigkeit und grossem Alterungspotenzial.

Oddero Piemont
Mariacristina und Pietro Oddero
Oddero Rebberg Frühling
Im Rebberg von Oddero

Cascina Luisin

In Barbaresco besuchen wir unseren langjährigen Winzerpartner Roberto Minuto auf der Cascina Luisin, ein sympathischer kleiner Familienbetrieb. Von der Terrasse aus überblicken wir die Barbaresco-Lage Rabaja und den Axilium Rebberg. Wir sind angetan vom traumhaften Blick in die Alpen. Matterhorn, Monte Rosa Massiv, Monviso und, und, und. Der Betrieb ist eines der ältesten Weingüter in Barbaresco. Die Philosophie geht mit der Tradition einher, Ausbau in grossen, alten Eichenfässern und möglichst wenig Eingreifen in der Weinbereitung. Der Barbera Maggiur ist frisch und lebendig, der Axilium ist von Fülle und Kraft geprägt. Die Barbaresco Weine zeigen die typisch femininere Nebbiolo-Variante gegenüber dem Barolo.

Roberto Minuto
Martel unterwegs Piemont Barolo
Atemberaubender Blick

Morgassi Superiore

Den Rückweg nehmen wir durch das östliche Piemont und besuchen die Region Gavi und das Weingut Morgassi Superiore von Marina und Cecilia Piacitelli. Die Hügellandschaft verwandelt sich in sanfte Hanglagen und schon fast riechen wir den Duft des Meeres. Wir sind nur noch 50km von Genua entfernt. Die meisten Gavi-Weingüter befinden sich in der wärmeren Zone. Die ursprünglich riskantere Wahl der kühleren Lage hat sich in der Zeit der Klimaerwärmung trotz Frostrisiko als geistreich erwiesen.

Die gebietstypische Rebsorte ist der weisse Cortese. Marina führt uns durch die Reben und erläutert uns die Massnahmen zur Verbesserung der Wasserdrainage, so dass die Wurzeln in die Tiefe wachsen und somit von den wertvollen Mineralstoffen profitieren. Zudem wird dem naturnahen Anbau grossen Wert zugemessen. Der Gavi Tuffo bietet sich als frischer, knackiger Wein zum Aperitiv an.

Morgassi Marina Piacitelli Piemont Gavi
Marina Piacitelli