Martel schenkt ein

Fettnäpfchen und Todsünden im Umgang mit Wein

Thomas Bürkli | 06.04.2021 | Lesezeit 4 Min. Fettnäpfchen und Todsünden im Umgang mit Wein

Grundsätzlich kann man im Umgang mit Wein nicht viel falsch machen. Und doch gibt es ein paar Dinge, die man nach Möglichkeit vermeiden sollte. Kürzlich hörte ich, dass man Wein im Mixer belüften kann. Eine Art Powerplay, um Tannine im Wein schneller weich zu machen. Das hat mich entsetzt und brachte mich auf die Idee, ein paar Gedanken zum Thema «Fettnäpfchen und Todsünden im Umgang mit Wein» zu notieren.

Einkauf

Beim Fachhändler oder doch lieber auf einer Onlineauktionsplattform?

Überall wo Geld zu verdienen ist, wird auch getrickst. Schade. Wo war die Flasche, bevor sie im Internet gelandet ist? Ist sie weit gereist, stand sie jahrelang im kuschelig warmen Wohnzimmer rum und ist in der Flasche wirklich drin was auf dem Etikett steht? Natürlich kann man Glück haben beim Kauf eines Schnäppchens. Aber genauso gut kann das auch schiefgehen. Beim Winzer, Fachhändler oder im gut sortierten Detailhandel gibt es Beratung. Der Kunde kann die Weine oft probieren und darüber diskutieren. Merkt man zuhause oder nach ein paar Jahren, dass einem der Wein doch nicht so mundet, können die Flaschen oft auch umgetauscht werden.

Unbedingt vermeiden sollte man, den Wein nur nach Etikett auszuwählen. Es gibt Chianti und Chianti. Nur weil Mouton auf dem französischen Wein draufsteht, muss es nicht zwingend der teure Mouton-Rothschild sein.

Im Burgund keltern oft verschiedene Winzer Wein aus einer bekannten Lage. Zum Beispiel der Grand Cru Clos de Vougeot, dessen 50 ha von rund 85 Winzern bewirtschaftet werden. Oftmals besitzen sie nur Kleinstanteile des Rebberges und entsprechend unterschiedlich kann ein Clos de Vougeot ausfallen, sowohl qualitativ wie auch im Preis.

Lagerung

Zu warm, zu hell und zu lang.

Wenn man die gekauften Flaschen etwas lagern möchte, sollte man auf möglichst konstante kühle Temperaturen, nicht zu tiefe Luftfeuchtigkeit, Dunkelheit und erschütterungsfreie Lagerung achten. Auch Weinprofis passiert es ab und zu, dass sie eine Flasche zu lange im Keller liegen lassen, diese also überlagern. Wein hat zwar kein Mindesthaltbarkeitsdatum, aber für eine wirklich lange Lagerung eignen sich die wenigsten Flaschen.

Die meisten Weine werden heute so gekeltert, dass sie nah bei ihrem Höhepunkt sind, wenn sie auf den Markt kommen. Denn wer hat heute noch den perfekten Keller, um Wein für mehrere Jahrzehnte sanft ihrer Genussreife entgegenschlummern zu lassen? Hat man keinen Keller, hilft oft auch ein kleiner Weinklimaschrank, der sich auch im Wohnzimmer dekorativ gut macht.

Genuss

Jedem Wein sein eigenes Glas oder doch die kleinen Gobelets aus der Romandie?

Gläser sind ein Thema, das man lange diskutieren kann und welches unter Weinfreunden immer wieder für Irritationen sorgt. Ein Glas kann zu klein sein, aber auch zu gross (feiner eleganter Weisswein im grossen Bordeaux Kelch). Für jeden Wein das passende Glas im Schrank zu haben, ist bestimmt nett, braucht aber sehr viel Platz im Gläserschrank. Meist reichen ein Champagnerglas, ein Weiss- und ein Rotweinglas. Gut ist eine kelchartige Form, damit sich die feinen Duftkomponenten nicht verflüchtigen und konzentriert erschnuppert werden können. Wichtig ist auch ein genügend langer Stiel, damit man nicht den Kelch mit der Hand anfassen muss. Dies gibt mit der Zeit unschöne Flecken und man wärmt den Wein unnötig auf. Die Temperatur ist wichtig. Oft trinkt man Weissweine zu kalt und Rotweine zu warm. Je nachdem bleibt der Wein «stumm» oder man riecht vor allem die alkoholischen Komponenten.

Man kann einen Wein auch mit den «passenden» Speisen in die Flucht schlagen. Schwer zu kombinieren sind unter anderem Salate mit Essig, Suppen oder Artischocken. Was oft auch nicht funktioniert, sind kräftige tanninreiche Rotweine zu Käse. Diese passen gut zu gereiften Hartkäsen, aber weniger zu Ziegenfrischkäse. Da verspricht ein mineralischer Sancerre mehr Genussfreude.

Fazit

Ob das Powerplay mit dem Mixer funktioniert, weiss ich nicht. Ausprobieren möchte ich das auf keinen Fall. Der Gedanke, ein Kulturgut wie edlen Wein – in das viel Zeit, Savoir-faire und Liebe gesteckt wurde – diesem Prozess auszusetzen, lässt mich erschaudern.

Da setze ich lieber auf die kompetente Beratung im Detailhandel, auf vernünftige Lagerung bis zur Trinkreife und auf den passenden genussvollen Moment. Nicht den richtigen Wein für jede Situation und Stimmungslage im Keller zu haben, ist für mich das grösste Fettnäpfchen, nein, sogar die grösste Todsünde im Erleben von Weinkultur.

Santé