Unterwegs im Rebberg

Winzerbesuche – Kollwentz, September 2012

Martin Schwarz | 03.01.2012 | Lesezeit 3 Min. Winzerbesuche – Kollwentz, September 2012

Die Winzerdynastie Kollwentz im Palais Coburg

Die Winzerdynastie Kollwentz (das burgenländische Weingut befindet sich seit 1775 in ihrem Besitz) hat in den letzten Jahrzehnten die österreichische Weinkultur entscheidend mitgeprägt. Kürzlich lud die Familie Kollwentz ein nach Wien ins Palais Coburg zu einer eindrücklichen Degustation: sechs Jahrzehnte Steinzeiler! Der Steinzeiler verkörpert die Qualitätsspitze im kollwentschen Weingut. Benannt ist er nach der heute nur mehr in Fragmenten bestehenden Lage Steinzeiler, die bereits im 16. Jahrhundert als Weinlage erwähnt wurde. Der ursprünglich reinsortige Blaufränkisch hat sich über die Jahrzehnte zu einer Assemblage entwickelt aus Blaufränkisch, Cabernet Sauvignon und Zweigelt, die in den Herzstücken der Lagen Point und Setz gedeihen.

Beeindruckend ist nicht nur, wie grossartig sich dieser Wein über viele Jahre und Jahrzehnte entwickelt und wie lange man ihn reifen lassen kann in der Flasche. Nein, was mich vor allem auch staunen lässt, ist das Gefühl und die Weitsicht von Anton Kollwentz. Als erst 18jähriger übernahm er 1958 die Verantwortung für das elterliche Weingut und erkannte damals schon das Potential, das auch in seinem Rotwein liegt. Österreich hatte damals einen guten Ruf als Weissweinland, Rotweine aber spielten eine untergeordnete Rolle. Gute Qualitäten waren beim einen oder andern Winzer wohl auch dem Zufall zu verdanken, die grosse Wende kam erst in den späten 1980er Jahren. Offenbar nicht bei Anton Kollwentz, präsentierten sich doch im Palais Coburg auch die frühen Jahrgänge 1969 und 1971 bis 1979 in grossartigster Form. Der 1973er, mit Regen während der Ernte und viel Botrytis ein äusserst schwieriger Jahrgang, erstrahlte gar in besonderer Frische. Ab Mitte der 1980er Jahre änderte sich der Charakter des Weines, etwas Cabernet Sauvignon und Zweigelt verändern die Struktur des Weines, ausgebaut wird er fortan in Barriques statt wie früher in grossen Fässern. Von den vielen probierten Jahrgängen besonders erwähnen möchte ich den 1986er mit seiner feinen Textur, den seidigen Tanninen, einer ungeahnten Frische und Länge. Oder den 1997er: enorm vielschichtig und frisch, den 2000er mit einer vielschichtigen roten und schwarzen Frucht und einem betont mineralischen Ausdruck, den 2004er: frisch, elegant, würzig, jugendlich und mit samtener Struktur. Und nicht zuletzt den 2009er, der alles hat, was ein Langstreckenläufer braucht: intensiv in Nase und Gaumen mit einer warmen, reifen schwarzbeerigen Frucht, markanten Tanninen, prägnanter Säure, Frische und Eleganz und einer Mineralität, die zu langem Abgang verhilft. Andi Kollwentz, er übernahm die Verantwortung im Keller bereits 1993 und leitet das Weingut zusammen mit seiner Frau Heidi schon seit sechs Jahren, demonstriert damit einmal mehr, dass er es ausgezeichnet versteht, den Rebberg und den Jahrgang für sich sprechen zu lassen.

Diesen grossartigen Steinzeiler 2009 werden wir in Kürze anbieten können. Freuen Sie sich auf einen Wein, der Ihnen auch in 20 Jahren noch ein herrliches Trinkvergnügen bereiten wird. Gratulation an die Familie Kollwentz.

Martin Schwarz