Winzerbesuche – Burgund 2014
Das Burgund – wir erlauben uns die persönliche Ausdrucksweise: unser Burgund! – war schon immer ein Paradies der Weinfinessen. Mit dem Jahr 2014 und der Integration des Weinsortimentes der Hans Müller Weinhandlung AG erscheint uns die Côte d’Or wie eine Art traumhaftes Hochplateau oder als ein Weinhimmel für einen Non-Stop-Höhenflug. Die Besuche vor Ort in diesem Frühjahr führten uns eindrücklich vor Augen, was für ein Privileg wir geniessen dürfen, dem Nuancenreichtum dieser überragenden Burgunder nachzuspüren – und aber vor allem, sie Ihnen zu vermitteln.
Das Wetter Anfang April war übrigens phantastisch, die Natur ist rund einen Monat «voraus»… Beten ist angesagt, dass kein Frost mehr kommt. – Als Entrée eine Corton-Impression:
Côte de Beaune
Die meisten Weissweine, aber auch markante und bekannte Rotweine stammen aus den Appellationen um Beaune herum, vom südlichen Chassagne-Montrachet bis zum Corton-Hügel, der an die Côte de Nuits anschliesst. Die Côte de Beaune wurde im 2012 und vor allem auch im 2013 besonders hart von Schäden durch Hagel und andere Tücken der Natur betroffen.
Domaine Niellon
Hoch sympathischer Familienbetrieb mit glasklaren, mineralischen Weissweinen aus Chassagne-Montrachet. Hier glänzt der Chardonnay als eine Traube, die Reichtum und fruchtige Frische verbindet. Eine wahre Spitzenadresse «en blanc».
Guy Amiot
Diese Domaine liegt praktisch im Herzstück der Appellation, mitten in einem der besten Rebberge von Chassagne-Montrachet, Les Caillerets. Die Stilistik der Domaine: geschmeidig-füllig, traditionell.
François Carillon
François hat die Hälfte der väterlichen Domaine übernommen und weiss präzis, was er will. Und so klar und frisch präsentieren sich auch seine Puligny-Weine. Bravo!
Jean-Louis Chavy
Ein Geheimtipp: der bescheidene, kluge Jean-Louis Chavy weiss klassischen, balancierten, ausdrucksvollen Puligny-Montrachet zu keltern.
Domaine Leflaive
Eine Kult-Domaine und dank Anne-Claude Leflaive eine Pionierin für den biologisch-dynamischen Anbau. Die nuancierten, frischen 2012er stehen vor der Flaschenfüllung… leider sind die Mengen extrem limitiert, weil fast die Hälfte der Ernte vom Hagel vernichtet wurde. Die Natur kann leider auch sehr hart sein…
Rémi Jobard
1,7 Ernten hat Rémy über die vier Jahrgänge 2010 bis 2013 verloren, im Schnitt also jedes Jahr fast die Hälfte. Er beklagt sich nicht, sondern zeigt selbstbewusst seine wunderbaren Weissweine, welche den kristallinen, zartfruchtigen Charakter der Meursault-Chardonnays deutlich betonen. Exzellente Lagen mit alten Reben, «en bio».
Bonneau de Martray
Sein Name lässt unschwer erahnen, dass es sich hier um einen Gentleman mit aristokratischer Noblesse handelt. Jean-Charles Bault de la Morinière. Dabei schwingt aber eben auch die Demut und Bescheidenheit mit, die den Winzer als Diener der Weinkultur auszeichnet. Klug und präzis sind seine Ausführungen, sein 2012er ist superb. Allerdings ist er eines der am härtesten betroffenen Opfer des schwierigen Jahrganges: nur 25% einer Normalernte gehen in den phantastischen Corton-Charlemagne, den man stilistisch in der Mitte zwischen einem Chablis Grand Cru und einem Meursault Grand Cru ansiedeln könnte. Ein Lagerwein.
Domaine Lejeune
Die Lejeune-Weine von Besitzer François de Pommerol und Schwiegersohn Aubert Lefas beweisen eindrücklich, wie samtig, finessenreich und filigran Klasse-Pommard sein kann. Ganztraubenvergärung.
Lucien Le Moine
Was für ein Individualist, was für ein Exot, dieser Mounier Saouma. Dabei sagt er es ganz klar: «Ich habe gar nichts selbst erfunden, ich lasse die Weine entstehen wie sie früher gemacht wurden. Mit Geduld und terroirbetont.» Mit grossem Talent und Temperament. Vinifikation à l‘ancienne et à la nature, langer Ausbau auf dem reichen Hefesatz, minimalste Intervention. Pro Lage gibt es nur ein Fass und wenige Dutzend Flaschen pro Exportland!
Domaine Pousse d’Or
Wer die Côte de Beaune- Weinhänge betrachtet, der sieht bei Volnay ganz klar, wer hier die «Pole Position» einnimmt: die Domaine de la Pousse d’Or am zentralen Dorfeingang und prächtig die Silhouette prägend. Das Weingut ist dank der engagierten und generösen Arbeit von Mme et M. Landanger in Topform. Eine Eliteadresse, welche auch Toplagen in Chambolle-Musigny an der Côte de Nuits besitzt.
Tollot-Beaut
Sympathische Degustation mit Nathalie Tollot-Beaut. Leider wurde die Domaine brutal vom Hagel getroffen, einige 2013er mussten gar deklassiert werden.
Domaine Cornu
Traditioneller Familienbetrieb mit einem hoch attraktiven Corton als Krone des Sortimentes.
Der nördliche Teil der gesamten Côte d’Or, die Côte de Nuits, ist mit ein ein paar ganz wenigen Ausnahmen ein reines Rotweinparadies. Von Nuits St-Georges steigt die Dichte an grandiosen und wohlklingenden Grand-Cru-Lagen rapide an. Über Vosne-Romanée, Vougeot, Chambolle-Musigny und Morey-St-Denis landet man in Gevrey-Chambertin, wo die Côte im Norden langsam ausklingt und man schon fast vor den Toren von Dijon eine einmalige Konzentration an hochklassigen Winzeradressen findet. Die Côte de Nuits ist schlicht und einfach der Welt grösste Schatzinsel für Finessen und Subtilitäten.
Alain Michelot
Sympathische Familien-Domaine in Nuits-St-Georges. Eindrücklich die verschiedenen Weintypen je nach Charakter der Lage. Klassische, authentische Frucht von alten Reben, mit den Naturhefen vergärt und ohne Filtration gefüllt. Der traditionelle Stil der strukturierten Weine verlangt einige Jahre Geduld.
Domaine de l’Arlot
Jacques Devauges hat dieser prominenten Domaine seit seinem kürzlichen Eintritt seinen qualitativen Stempel aufgedrückt. Beeindruckend seine 2012er, vielversprechend, finessenreich, klassisch. Bravo.
Domaine Confuron-Cotétidot
Eine faszinierende Domaine mit einem eigenwilligen Charakterkopf als Esprit des Hauses: Yves Confuron. Er verbindet eine hoch präzise, eigenständige Qualitätsphilosophie mit einem Hauch künstlerischem Chaos. Stilistisch eher dunkelfruchtig. Konzentrierte Weine von sehr tiefen Erträgen, gleichzeitig terroirbetont. Hervorragendes Lagerpotential.
Domaine de la Romanée-Conti
Eine Welt für sich. Vielleicht das Weingut aller Weingüter. Weine von magischer Ausdruckskraft. Erhaben. Leider deckt das Produktionsvolumen nur einen bescheidenen Bruchteil der Nachfrage ab.
Domaine Ponsot
Was für eine Persönlichkeit, dieser Laurent Ponsot! Ein Marquis, der seinen Adelstitel lieber bedeckt hält. Ein Naturfreak, der den pursten, naturbelassensten, bestmöglichen Wein anstrebt. Gleichzeitig ein «verrückter Professor», der mit grosser Hingabe und mit Offenheit für Technik und Fortschritt mit wissenschaftlicher Akribie perfekte Bedingungen sucht, welche seine Weine umgeben und schützen, insbesondere, wenn sie in die (raue) Welt entlassen werden. Das geht vom High-Tech-Verschluss bis zu Temperatur-Kontroll-Punkten auf jeder Flasche, aus denen ersichtlich ist, ob sie schädlichen Temperatur-Extremen ausgesetzt wurde. Aber vielleicht die auffälligste Differenz, welche die Ponsot-Weine so einmalig machen, ist der komplette Verzicht auf neue Fässer. Im Gegenteil: das Holz der Cuves und der Barriques soll sogar so alt wie möglich sein, vorausgesetzt, es ist von bester Qualität und absolut keimfrei. Grund: Geschmacksneutralität und älteres Holz ist weniger Sauerstoff-durchlässig. Sauberkeit ist höchstes Prinzip, den guten Winzer «erkennt man am Besen», zitiert Ponsot ein Bonmot. Dies erlaubt ihm auch zusammen mit weiteren Schutzmassnahmen, nur wenig oder sogar keinen Schwefel einzusetzen! «Le grand vin, c’est un mystère – comme l’amour», meint er. Und als Wissenschafts-Begeisterter fügt er philosophisch kritisch hinzu: «Selbst wenn man das Mysterium wissenschaftlich erklären könnte: wozu würde es denn dienen?» Und als echtem Edelmann fehlt ihm natürlich auch Humor und Selbstironie nicht… und beim Degustieren seiner 2012er, insbesondere beim atemberaubenden Clos de la Roche, da versucht man schon gar nicht mehr, Worte zu finden. Schweigen, geniessen, träumen…
Denis Bachelet
Klein, aber hoch fein. Eine Mini-Domaine mit einem Winzer, der schlicht und einfach grosse Weine macht. Gross nicht im Sinne von Masse, sondern von massenhaft Nuancen. Eine Perle in Gevrey-Chambertin.
Jean-Marie Fourrier
Ein überaus kluger und intelligenter Winzer, der den Winzer zu Zurückhaltung auffordert, der Natur vertrauend. Auch Moden sind ihm fremd: wer den Trends folge, ernte bei Erreichen der Trinkreife der Weine ein Resultat, das groteskerweise über die Jahre schon wieder vom neusten Trend überholt worden sei. Die Logik überzeugt und spricht für zeitlose Klassik!
Die überwältigend Nachfrage nach diesem «Geheimtipp» spricht Bände, und in der Position des Anbieters hütet man sich vorsichtigerweise besser, in Superlativen zu schwelgen. Top 2012er, wenn auch viel zu wenig Menge für die förmlich «dramatische» Nachfrage.
Pierre Damoy
Eine renommierte Winzerpersönlichkeit in einem entzückend romantischen Weingut. Bedeutende Anteile an Traum-Grand-Cru-Lagen wie der Chambertin Clos de Bèze.
Alain Burguet
Dynamische Familien-Domaine in Gevrey-Chambertin mit erstklassigen Weinen von alten Rebstöcken. Auf dem Weg zur Biodynamie. Langer Ausbau auf der Hefe und späte Ernte ergeben Fülle und Schmelz.
Clos de Tart
Traum-Grand-Cru – Monopollage – Weltklasseweine. Beeindruckend der superbe 2012er des charismatischen Silvain Pithiot.
Armand Rousseau
Wunderbare 2012er entstanden bei dieser traditionellen Adresse, die moderner nicht sein könnte, wenn einem die traumhaften Aromen aus dem Glase entgegenspringen: so schmeckt das Paradies hier und jetzt. Die extrem hohe Nachfrage macht Zuteilungen unumgänglich.
G. Roumier
Christophe Roumier (assistiert von seiner Schwester Delphine) ist fest in der Burgunder-Elite verankert, weil er alles richtig macht – und nichts nach dem Zeitgeschmack oder für den Applaus. Die zwei schweben keinen Millimeter über dem Boden, wir hingegen müssen jeweils aufpassen, dass wir beim Probieren vor Begeisterung nicht abheben. Auch hier: Die extrem hohe Nachfrage macht Zuteilungen unumgänglich.
Domaine Trapet
Subtile Weine, keine Blender, diesen bio-dynamischen Weinen muss man Zeit geben. Spitzenadresse.
Comte de Vogüé
Bei François Millet degustieren wir ab Fass bereits die 2013er, welche noch vor der malolaktischen Gärung stehen. Im Grunde kann man dann einen Wein noch nicht definitiv beurteilen, und dennoch ist seine DNA bereits entschlüsselbar. Bestechend die leuchtende, energetische Farbe, Millet bezeichnet sie als mineralisch in ihrer Tiefe, wie ein Bergsee, durch den die Sonne dringt. Blütenduftiger Chambolle in prachtvollster Rotbeerigkeit, in Vollendung beim Musigny. A suivre!
Jean Tardy
Der Sohn von Jean Tardy, Guillaume, zeichnet seit 2006 für das bemerkenswerte Niveau der aktuellen Weine dieser Domaine verantwortlich. So bescheiden er wirkt, man spürt hinter dem vifen Blick Klugheit und Gespür für die Subtilitäten grosser Burgunder.