Unterwegs im Rebberg

Winzerbesuche – Kalifornien 2015

Martin Schwarz | 05.01.2015 | Lesezeit 9 Min. Winzerbesuche – Kalifornien 2015

Die Trockenheit in Kalifornien geht 2015 bereits ins dritte Jahr und sie macht dem Namen Golden State quasi alle Ehre. Denn der Name leitet sich nicht nur ab vom Goldrausch im 19. Jahrhundert, sondern er rührt auch daher, dass der Regen seit jeher ausbleibt von Mai bis November und sich so die grünen Weideflächen in trockenes, golden anmutendes Steppenland verwandeln. Die andauernde Trockenheit wird nun langsam aber sicher zum grossen Problem und so ist sie Tagesgespräch in Kalifornien. Dieser Wassermangel führt aber auch zu interessanten Lösungsansätzen. So werden z.B. private Swimmingpools trockengelegt und den Rasen im Vorgarten darf man nicht mehr beregnen. Was aber macht man nun, wenn man trotzdem eine grüne Fläche vor seinem Haus möchte? Ganz einfach – man besprüht ihn mit grüner Farbe und schon ist quasi auch ein neuer Wirtschaftszweig entstanden. Für die Weinproduktion aber braucht es Wasser. Viele Kellereien, wie z.B. Ridge und Shafer betonen, dass sie dry farming betreiben, ihre (alten) Reben also nicht bewässern müssen, weil sie tief wurzeln. Es ist die Arbeit im Keller, die so viel Wasser benötigt. Denn Sauberkeit ist oberstes Gebot, will man einwandfreien Wein vinifizieren. Und diese Sauberkeit gibt es nur mit dauerndem Reinigen.

12 Stunden dauert der Flug von Zürich nach San Francisco – glücklich, wer wie wir danach die Nacht noch vor sich hat und sich so auf die kommenden Tage quasi im Schlaf vorbereiten kann. Unsere erste Station ist Ridge Vineyards, hoch über Cupertino und dem Silicon Valley auf dem Monte Bello gelegen (so kann man wenigstens einmal auf Apple und Google herunterschauen). Allein schon das Treffen mit Paul Draper ist die Reise wert. 80 Jahre alt wird er nächstes Jahr und noch immer leitet er das Weingut sehr engagiert und mit Weitsicht und noch immer sind die Gespräche und die Degustationen mit ihm Gold wert und lehrreich.

Ein grosses Thema bei Ridge ist «organic farming». Mit der Ernte 2015 werden Lytton Springs und Geyserville als «organic» zertifiziert sein und auch über 95% der Monte Bello und Estate Cabernet Lagen werden es sein. Ridge ist zwar kein wirklich grosses Weingut, aber schon heute ist Ridge der grösste biologische Traubenproduzent Kaliforniens! David Gates, der Vineyard Manager, sagt: «Our plan is to make every possible block organic.»

Martel - Ridge Vineyards

In den nun folgenden Tagen reiht sich Besuch an Besuch im Napa Valley, etwa 1 ½ Stunden nördlich von San Francisco gelegen. Dieses bekannteste kalifornische Weinbaugebiet hat sich in den letzten Jahren nochmals deutlich verändert. Der Platz scheint mir langsam knapp zu werden in diesem Tal, das gerademal gut 40 km lang ist und die breiteste Stelle auch nur 5km beträgt! Vor gut 10 Jahren sprach man von ca. 250 aktiven Kellereien, heute seien es gegen 500! Dies demonstriert eindrücklich, wie wichtig Wein in Kalifornien und in den USA allgemein geworden ist. Nicht umsonst sind die USA aktuell der grösste Weinkonsument der Welt (in absoluten Zahlen).

Joseph Phelps Vineyards hat seinen festen Platz in unserem Sortiment seit über 30 Jahren. Seit Jahren bereits leitet Bill Phelps das Weingut (wüsste ich es nicht besser, ich meinte Joe Phelps gegenüber zu sitzen, so ähnlich sehen sich die beiden), zu dem seit 1999 auch die Freestone Kellerei in Sonoma Coast gehört. Bill‘s Vater Joseph Phelps war einer der Pioniere im Tal, er verstarb im vergangenen Frühling. Als er sein Weingut Anfang der 1970er aufzubauen begann, gab es erst ein paar wenige Kellereien. Er startete mit einer Vielzahl an Traubensorten auf der Suche nach den richtigen. Seit einigen Jahren konzentriert sich die Weinproduktion von Phelps im Napa Valley nun auf nur mehr wenige Traubensorten: Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Malbec, Syrah, Sauvignon Blanc. Die Burgundersorten Chardonnay und Pinot Noir baut man weiterhin an. Dafür baute man aber ab 1999 das Freestone Weingut im kühleren Sonoma Coast auf.

Die Phelps-Weine gehören nach wie vor in die «Liga der Besten» im Napa Valley. Besonders begeistert uns der (trotz perfekter Reife) aromatisch zurückhaltende, aber vielschichtige Sauvignon Blanc 2013. Und mit dem Freestone Pinot Noir 2013 hat Winedirector Damian Parker die Latte ganz schön hoch gelegt. Aber wir freuen uns auch auf den 2012er Insignia, den wir in Kürze werden anbieten können. Die Cabernet-Blends sind trotz aller Intensität und Kraft auch finessenreich und aber vor allem auch äusserst langlebig, 20 Jahre mögliche Reifezeit sind keine Ausnahme. Die Nachfrage nach allen Weinen ist denn auch entsprechend gross und um dem Besucheransturm auf dem Weingut Herr zu werden, wurde ein neuer Produktionskeller gebaut und der alte flugs zum Besucherzentrum umgebaut.

Martel - Bill Phelps

Doug Shafer und sein Winemaker Eliaz Fernandez zeichnen verantwortlich für einige der gesuchtesten Napa Valley-Weine: Hillside Select Cabernet Sauvignon ist nur einer davon, allerdings der berühmteste. Die Weine der Shafer Vineyards sind quasi synonym für üppige, intensive Weine aus Kalifornien. Und dennoch, mir scheinen sie in den letzten Jahren eleganter und präziser in der Aromatik geworden zu sein. Ein Grund für diese Entwicklung mag auch darin liegen, dass Doug Shafer viel investiert in die unterstützende Kellertechnik. So hat er vor einigen Jahren eine Sortieranlage angeschafft, in die eine Kamera eingebaut ist, (optical sorter) mit der es gelingt, schadhafte Beeren minutiös auszusondern, egal ob sie nicht vollständig ausgreift sind oder ob sie schrumpelig sind. Dies verhilft zu einem klareren Most, klarerer Aromatik und letztlich zu einer besseren, problemlosen Vergärung.

Ausgezahlt hat sich dies auch im 2011er Hillside Select. Der Jahrgang 2011 offerierte den Winzern so ziemlich alle Herausforderungen, die man sich vorstellen kann (nass-kaltes Wetter im Frühling, Regen zur Erntezeit etc.). Doch wegen einer sehr strengen Selektion gelang ein hervorragender Wein; pur und intensiv, aber mit vergleichsweise kühler Aromatik. A propos Wasserknappheit: das Erdbeben im August 2014 veränderte offenbar die Wasserwege. Denn seither fliesst ein kleines Bächlein vom Berg durch den Kellertunnel. Bislang floss dieses Wasser nur nach einem starken Regen. John Shafer, der das Weingut in den 1970er Jahren aufgebaut hatte, kommt übrigens noch täglich aufs Weingut. Nein, nicht mehr zur Arbeit. Er widmet sich dem Malen und anfertigen von Skulpturen. Er geht auf die 90 zu!.

Martel - Doug Shafer und Eliaz Fernandez

Das Weingut der Familie Heitz gehört zu den ältesten und traditionellsten im Tal und auch mit der Heitz-Familie verbindet uns eine bereits jahrzehntelange Freundschaft. Die grösste Veränderung seit der Gründung in den frühen 1960er Jahren dürfte der Zukauf von Rebland gewesen sein. 152 ha gehören heute zum Weingut. Für die eigene Weinproduktion nutzen die Geschwister Kathleen und David Heitz aber nur ca. 40ha, die restliche Ernte wird verkauft. Grösser will man nicht werden.

Mit dem Sauvignon Blanc kam 2006 einzig ein weiterer Weisswein dazu. Alle Rebgärten werden übrigens seit langem nachhaltig bzw. nach biologischen Regeln bearbeitet. Dies mag auch eine weitere Erklärung sein für die sprichwörtliche Eleganz der Heitz-Weine. Denn nach «spektakulären», alkoholreichen Weinen, wie sie eine Zeit lang überall auf der Welt populär waren (und da und dort es immer noch sind), sucht man hier nach wie vor vergebens. Balance, Eleganz, Finesse sind und bleiben das Heitz-Credo.

Martel - Familie Heitz

An Kistler kommt man auf der Suche nach den besten kalifornischen Chardonnays und Pinot Noirs nach wie vor nicht vorbei. Die langlebigen Chardonnays sind einzigartig! Wir sind glücklich, die Zusammenarbeit mit diesem renommierten Weingut wieder intensivieren zu können. Vier verschiedene Chardonnays und zwei Pinot Noir werden wir in Kürze anbieten können.

Martel - Kistler

Cathy Corison’s Weingut ist quasi eine «One-Woman-Show». Wie kaum ein anderes Weingut ist sie seit jeher unabhängig und sie macht seit jeher «leise» Weine», unbeirrt von allen Trends. Uns faszinieren und begleiten sie und ihre Weine seit zwei Jahrzehnten. Liebhaber von finessenreichen, eleganten Weinen (auch Paul Draper von Ridge Vineyards schwärmt davon) kommen hier voll auf die Rechnung. Wer so leise auftritt wie Cathy Corison muss vielfach etwas länger warten auf Anerkennung. Jetzt aber ist sie da: der San Francisco Chronicle ehrte sie mit dem Titel Winemaker Of The Year für den Jahrgang 2011. Noch besser werden die Weine deswegen wohl kaum. Aber die Welt hat das Juwel erkannt! Freuen Sie sich auf die 2011er, die wir in Kürze anbieten werden – und später dann auf die 2012er!

Martel - Cathy Corison

Das Weingut Hyde & de Villaine ist ein gemeinschaftliches Unternehmen von Pamela und Larry Hyde (sie entstammt der Hyde-Familie) und Aubert de Villaine, der in den 1960er Jahren in Kalifornien gelebt hatte. Larry Hyde begann mit dem Aufbau seiner Rebberganlage in Carneros bereits 1979. Seit vielen Jahren gehören namhafte Kellereien zu seinen Kunden. Die kleine Kellerei HdV aber wurde erst Anfang 2000 gegründet. Für diese eigenen Weine werden nur die Trauben aus den besten Lagen verwendet. D.h. in diesem Fall, dass die Weine burgundische Eleganz zeigen sollen. Dies wird dann auch gleich doppelt sichergestellt: Stéphane Vivier, der Weingutsleiter, stammt aus dem Burgund und hat dort auch sein Handwerk erlernt.

Martel - Bart Araujo

Die Schweizer Flagge am Kellereigebäude von Araujo Estate weht zur Begrüssung im Wind, als wir am Samstagmorgen früh ankommen. Zwei Jahre ist es bereits her, seit Bart Araujo sein Weingut, das er seit 1991 aufgebaut hatte, verkauft hat an Château Latour. Auch wenn mit Antoine Donnedieu de Vabres ein junger Franzose das Weingut leitet; viel hat sich nicht verändert in dieser Zeit, denn es war schon alles fast perfekt!

Es sind Details, mit denen man die Qualität der Weine noch verbessern will. Z.B. mit einem verlängerten Fassausbau beim Sauvignon Blanc, der dem Wein zu einer vielschichtigeren, zurückhaltenderen Aromatik verhilft. Und beim Cabernet will man noch präziser selektionieren. Dem biodynamischen Anbau aber bleibt man treu.

Martel - Biodynamischer Anbau