Winzerbesuche – Loire 2017
Der französische TGV ist überaus Wein-freundlich! Weniger die Weinkarte an Bord überzeugt, jedoch die Verbindungen direkt ins Herzen des Weinburgunds, ab St.Gallen, Zürich, Basel oder Bern in 2.5 bis 4 Stunden. Die Loire und ihre Weinregionen liegt aus Sicht der Deutschschweiz etwas knifflig, da weder Zug noch Flugzeug eine schlanke Verbindung anbieten können. Doch ab Dijon mit dem Mietauto eröffnet sich eine wunderschöne Reise durch saftig grüne Wiesen, Rapsfelder, sanfte Hügel und ab und zu eine Herde Charolais-Rinder. Nach dem Durchqueren der unbekannten Burgunder-Appellation Vézelay stösst man schon bald an der oberen Loire zum Beispiel mit einem Pouilly-Fumé von Masson-Blondelet an. Diese Familiendomaine in Pouilly-sur-Loire weiss wunderbaren, klassisch sortentypischen Sauvignon Blanc zu keltern. Vor allem zeigen aber die Rebberge überaus deutlich den Unterschied zu den weniger anspruchsvollen Nachbarn: bei Masson-Blondelet ist der Boden bearbeitet, locker und begrünt, bei den Nachbarn ist alles von Pestiziden verbrannt und pickelhart gepresst die Erde.
Sancerre
Dann nur einen Katzensprung entfernt, nachdem man die Loire überquert hat, das auf einem Hügel thronende Sancerre. Das Dorf und seine Gastronomie sind einen ausgedehnten Besuch wert, die Aussicht auf 3000ha Rebhügel ist eindrücklich. Doch dann zieht es einem zu den Rebstöcken, sei es bei der Domaine de Sarry, einem herrlich geschlossenen und offiziell im Kataster eingetragenen Domaine-Rebberg gegen Südwesten. Sei es ins Sauvignon-Blanc-Heimatherzstück Bué mit seinen insgesamt 40 Winzern. Hier hat sich die Domaine von Jean Max Roger einen hervorragenden Ruf geschaffen. Allen voran ist der Stolz des Hauses eine 2.4ha grosse Einzellage an der imposanten Steillage La Côte de Bué, die gesamthaft nur wenig grösser ist (2.9ha) und die wie an der Mosel zum Teil um die 100% Neigung aufweist.
Die ausserordentliche Qualität nicht nur bei den jungen und frischen Weinen, auch ihr 1996er Sauvignon Blanc brilliert mit erstaunlich frischer Frucht (roter Apfel und etwas Exotik) und bemerkenswerter Lebendigkeit.
Nach weiteren 2.5 Stunden Fahrt erreicht man eine andere Weinwelt an der mittleren Loire: die Domaine Huet in Vouvray nahe der Stadt Tours. Die Domaine wird seit 1988 pionierhaft biodynamisch betrieben. Die Traumlage Le Mont und die Monopollage Clos du Bourg bringen ganz grosse Weine hervor, in allen Schattierungen der Süsse.
Dank der nahen Loire tritt Edelfäule fast in jedem Jahr auf. Auch hier überzeugt nicht nur Jung. Was für ein gewaltiges Reifepotential diese Weine aufweisen: hier brilliert die faszinierende und leider viel zu wenig bekannte und unterschätzte Traube Chenin Blanc: sie überzeugt mit grossem Charakter und Noten von weissen Früchten über Bienenwachs bis zu hellem Tabak. Ihre Säure hält die Weine auch im Alter frisch.
Fürwahr: man fühlt sich hier wie Gott in Frankreich, wir verlieren deshalb kein Wort an die Rückreise.