Bordeaux 2018: Degustation der Primeurs im Frühjahr 2019
Ob Burgund oder Bordeaux, unglaublich wie sich gegenwärtig die generösen Jahre häufen. Innerhalb eines Jahrzehntes zählt man heute 5 Jahrgänge mit einem Überfluss an Sonne und Wärme. Früher gab es vielleicht einen. Es herrscht eigentlich Einigkeit, dass der Klimawandel grüssen lässt. Allerdings hat man auch schnell gelernt, auf die neuen Verhältnisse zu reagieren. Innerhalb der Möglichkeiten wenigstens…! Wenn man mit dem nötigen Fingerspitzengefühl je nach Rebsorte und Parzelle den optimalen Erntezeitpunkt fand und wählte, konnte man im 2018 von einem wunderbaren zweiten Halbjahr profitieren, was zu hervorragenden Konditionen für die gesamte Ernte führte. Und die war lang: vom August (für die Weissen) bis in den Oktober hinein (für die spät reifenden Sorten wie den Cabernet Sauvignon). Davor, vom Winter bis mitten in den Sommer hinein, sah das Bild genau gegenteilig aus.
Es gab zwei grosse Probleme: der Frost betraf nur einige Bereiche, aber dort war man ihm schutz- und machtlos ausgeliefert. Aber alle hatten mit dem Mehltau zu kämpfen. Eine besonders fiese und prekäre Attacke fiel just auf das 2018er Weekend de France schlechthin am 14. und 15. Juli, wo sich ausgerechnet der französische Nationalfeiertag und Fussball-WM-Final mit dem siegreichen Frankreich und Kroatien die Hand gaben.
Das Wetter
Jean-Philippe Masclef von den Domaines Clarence Dillon (Haut-Brion etc) fasste 2018 so zusammen: «Die erste Halbzeit hatten wir les pieds dans l’eau, in der zweiten la tête dans le ciel.» Mit anderen Worten: es begann nass und dauerbewölkt, bis sich die Situation ab Mitte Juli schlagartig umkehrte, und es ohne Unterbruch drei Monate lang nur noch strahlende Sonne gab. Wer schadlos durch dieses Jahr der Kontraste kam, konnte jubilieren.
Der Jahrgang 2018
In vieler Hinsicht ähnelt 2018 dem glorreichen Jahrgang 2016, wenn auch nur in Sachen Jahresverlauf und Stil der Weine. 2018 zeigt sich in der Breite weniger homogen. Die Rotweine zeigen hohe Konzentration, welche noch verstärkt wurde durch den warmen Herbst. Dieser entzog den Beeren Wasser und löste so eine Art Amarone-Effekt aus.
Grosses leisteten die Weingüter, welche die Lektionen aus den Jahren wie 2003 gelernt haben und so die Frische und Harmonie bewahren konnten und die Gradationen in Grenzen halten. François Mitjavile schwärmt betreffend seines Terte Roteboeuf (St-Emilion) und Roc de Cambes (Côtes de Bourg) von der schönen Ausreifung im Herbst, «qui présente un éclat, une grâce et légèreté aromatique. Vivaldi!» Die konzentriertesten Weine mit viel weichen Tanninen und tiefdunkler Farbe und Frucht im kalifornischen Stil lassen nicht überraschenderweise in Superlativen schwärmen.