Was macht die Weinbäuerin im Winter?
Martin Schwarz von der Weinhandlung Martel stellt mir also am Heiligen Abend 2021 diese Frage. Da hatte ich grade noch Lebkuchenteig an den Fingern, weil ich in den Tagen davor nicht zum Kekse backen gekommen bin. Während dieser Stunden des Backens habe ich nachgedacht: «Was macht der Winzer, die Winzerin eigentlich im Winter?»
Wie sehr verschieden diese jetzigen Winter von jenen in meiner Anfangszeit als Winzerin waren. In den 1980er Jahren war wirklich Ruhe von Weihnachten bis zum 2. Februar. Maria Lichtmess, der Tag an dem das letzte Mal gefeiert und gefeuert wurde. Danach ging die Arbeit draussen wieder los mit dem Rebschnitt.
Rust ist ein bekanntes „Süßweinpflaster“ in der Weinwelt. Diese Botrytis-Trauben lassen sich viel Zeit und wir schließen die Lese meistens erst im Dezember ab. Die Begleitung der gärenden Weine — trocken und süss, weiss und rot — nimmt viel Zeit des Spätherbstes und frühen Winters in Anspruch.
Dazu kommen dann noch Besuche von Weinkunden, die sich ab Hof mit Wein eindecken. Welchen Wein könnten wir zum Fondue trinken? Was passt gut zur Weihnachtsgans? Können wir den Ruster Ausbruch auch zu etwas Salzigem genießen? All diese Fragen und Wünsche werden diskutiert, ausprobiert, um dann die richtigen Flaschen auf den Festtagstisch der Weinkunden zu bringen.
Mit den Kollegen und Nachbarn wird immer wieder der neue Wein probiert. Man besucht sich gegenseitig, fachsimpelt, fragt, diskutiert und lobt. Eine feine Zeit ist das, wenn man mit jüngeren und älteren Kollegen zwischen den alten Fässern steht. In den meist 500 – 600 Jahre alten Weinkellern der kleinen Freistadt Rust hat man dann das Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein. Einer Geschichte, zu der jede Generation das ihre beitragen darf.