Weinfarbe: «I don’t care about colour»
Täglich entdecken wir neue und spannende Aspekte rund um das Thema Wein. Dabei beschäftigt uns auch auch die Farbe des Weins, jedoch nur am Rande. Weshalb das so ist, erklärte Jan Martel in einem Vortrag vor Farbprofis kürzlich so:
«Seit 30 Jahren habe ich mit Wein zu tun und will alles wissen über dessen Herkunft, Geschmack und Qualität. Trotzdem interessierte mich das Thema Farbe des Weins bisher kaum, obwohl ich mich privat sehr mit Farben auseinandersetze und umgebe. In der Kunst, beim Wohnen und in der Natur. Beruflich war Farbe bisher vor allem im Weinmarketing oder in der Gestaltung von Ladengeschäften und Büros wichtig. Was die farblichen Nuancen des Weins betrifft, sage ich: I don’t care about colour.
Weinfarben verwirren
Weisswein ist nicht weiss, sondern gelb. Rotwein stammt von blauen Trauben. Bei deren Pressung entsteht jedoch ein fast durchsichtiger Saft. Rote Weine werden mit zunehmender Reife heller, Weissweine dunkler. Dann gibt es Weissweine, die orangefarben ausgebaut werden. Viele Weinsorten tragen eine Farbbezeichnung im Namen. Dies macht die Einordnung manchmal einfacher: Sauvignon Blanc, Chenin Blanc, Weissburgunder, Pinot Grigio. Und manchmal wird’s mit den Weinnamen kompliziert: Spätburgunder, Blauburgunder und Pinot Noir sind Bezeichnungen für ein und dieselbe Rebsorte.
Das Farbenquiz ist eröffnet
Es scheint, als sei die Farbpalette des Weins so unendlich gross wie die Aromenvielfalt meines Lieblingsgetränks. Die Farbe eines Weins kann Hinweise auf die Traubensorte, die Reife, den PH-Wert, das Alter des Weins oder die Klimaregion geben. Weine aus kühlen Gebieten sind in der Regel heller als Wein aus heissen Regionen. Farbe kann auch zeigen, dass ein Wein wohl nicht mehr einwandfrei ist. Brauner Rotwein hat seinen Genusshöhepunkt in der Regel überschritten. Technisch gesehen entsteht die Farbe des Weins vor allem durch Pigmente. Diese winzigen Teilchen kommen in unterschiedlicher Konzentration in den Schalen der Trauben vor. Im Rotwein finden sich naturgemäss viele Pigmente: je mehr davon, je dunkler wird der Wein.
Wein nicht auf Farbe reduzieren
Für mich bedeutet die Farbe des Weins einfach einen ersten Eindruck. Ich lerne den Wein kennen und passe auf, nicht in die Vorurteilsfalle zu geraten. Die Gefahr ist hoch, einen Wein aufgrund seiner Farbe falsch einzuschätzen. Dunkle Weine sind nicht besser als helle, das beweisen die grossen blassroten Burgunder. Farbe ist für mich immer nur ein kleiner Teil des Weinuniversums. Es geht beim Wein doch vor allem um den Geschmack und die Herkunft. Meine Formel heisst: Wein = Natur + Mensch + Tradition. Die Farbe des Weins ist nicht so wichtig. Deshalb bleibe ich bei der Beurteilung von Wein dabei: I don’t care about colour.»
Selber testen ist am besten
Wer Lust hat auf ein Weinfarben-Experiment, kann zum Beispiel folgende Weine miteinander vergleichen:
Flight Nummer 1
Pinot Noir, Graubünden (dünnschalig, wenig Farbpigmente)
Tempranillo, Spanien (dickschalig, viele Farbpigmente)
Flight Nummer 2
Ein Bordeaux des Jahrgangs 2012 (also etwas gereift)
Ein Bordeaux des Jahrgangs 2018 (also sehr jung)
Flight Nummer 3 (Blinddegustation)
Weiss und Rotwein mit Augenbinde degustiert und in
gleicher Temperatur (eher kühl, jedoch nicht kalt) serviert.