Unterwegs im Rebberg

Unterwegs zu tollen Champagner-Momenten

Christina Häussermann | 20.06.2022 | Lesezeit 4 Min. Unterwegs zu tollen Champagner-Momenten

Hallo Champagne, wir kommen! Das Martel-Team unternimmt regelmässig Reisen, um die Weingebiete besser kennenzulernen und im engen Kontakt zu bleiben mit Winzerinnen und Winzern. So lässt sich Weinkultur am besten vermitteln. Diesen Frühling waren einige Martel-Mitarbeitende in der Champagne auf Weinreise und haben dort viel erlebt. Unsere Weinberaterin Christina Häussermann schildert ihre Eindrücke:

«Im Zentrum der Champagner-Stadt Epernay begrüsst uns der Exportleiter Philippe Antony auf dem Firmensitz des Weinhauses Gosset überaus herzlich. Die Geschichte des Weinproduzenten reicht bis 1584 zurück. Damit ist Gosset das älteste Weinhaus der Champagne. Zu Beginn wurde hier noch Stillwein gemacht, da die Perlage im Mittelalter noch nicht erfunden war. So begann Gosset erst im 18. Jahrhundert damit, Champagner zu produzieren.

Wir steigen hinab in die zwei Kilometer langen, weitverzweigten Keller: imposant, eindrücklich und geschichtsträchtig. An den Wänden aus Kreide sehen wir Zeichnungen und Kritzeleien von Menschen, die hier unten in den zwei Weltkriegen des letzten Jahrhunderts Schutz suchten. Es ist eindrücklich, hier Geschichte unmittelbar zu erleben. Genauso staune ich über das immense Weinlager. In diesem Keller reifen Millionen von Flaschen Gosset-Champagner.

Etwas später treffen wir Odilon de Varine, den Kellermeister von Gosset und degustieren mit ihm. Odilon erläutert uns die Philosophie des Hauses: «I’m a winemaker not a bubblemaker». Zum Schluss unseres Besuchs sind wir zum Lunch auf der Terrasse des Weinguts eingeladen. Zu uns an den Tisch gesellt sich Gosset-Geschäftsführer Jean-Pierre Cointreau, dessen Familie mit weltbekanntem Namen das Champagnerhaus seit bald 30 Jahren besitzt.

Champagne Gosset
Champagne Gosset

Im Kernland der Chardonnay-Champagner

Von Epernay fahren wir nach Avize ins Zentrum der Cote de Blancs. Die Winzerdörfer an der Cote des Blancs sind ausnahmslos klassifiziert als Premier Cru und Grand Cru. In der Grand Cru-Gemeinde Avize ist der Sitz der Kooperative Union Champagne. Die Union wurde 1966 gegründet und setzt sich mittlerweile aus 14 Genossenschaften mit 2’300 Winzern zusammen. Für unseren Champagne de Saint Gall werden die besten Trauben aus Premier- und Grand Cru-Lagen der Cote des Blancs verwendet. Die Saint Gall-Champagner sind frisch, elegant und mit feiner Perlage – und verfügen über ein erstklassiges Preis-Leistungs-Verhältnis.

Champagne de Saint Gall

Brüder-Trio mit Pioniergeist

Wir bleiben in Avize und besuchen das unkonventionellste Champagnerhaus unserer Reise: Champagne Fèrejean Frères. Gespannt sind wir alle, schliesslich wissen wir erst wenig über diesen Champagner, den wir bei Martel neu im Sortiment führen. Der kleine Betrieb liegt mitten im verschlafenen Winzerdorf. Das Herrschaftshaus mit hübschem Innenhof ist in einem warmen Orange gestrichen. Die Geschichte von Frèrejean Frères gefällt mir: Drei Brüder, beruflich erst auf anderen Pfaden, kehren in ihre Heimat zurück und gründen ihr eigenes Champagnerhaus.

Zu Anfang ist alles nur eine Herzensprojekt und Hobby. Sie machen Champagner für sich, Freunde und Familie. Schliesslich wird aus dem Hobby ein richtiges Champagnerhaus. 2012 kommt der erste Champagner auf den Markt. Seither wird das elterliche Haus vergrössert, umgebaut und ausgebaut. Reiner Zufall ist das nicht. Denn die drei Brüder haben Bubbles im Blut. Mütterlicherseits sind sie mit der berühmten Taittinger Familie verwandt. Bei einem Rundgang durch den Betrieb hören wir im Kreidekeller tief unter der Erde gespannt, wie alle Produktionsschritte von Hand gemacht werden. Die Philosophie von Frèrejean Frères lässt sich beschreiben mit: traditionelle Methoden, Handwerkskunst und Raum für Innovation. Diese Champagner sind komplex, lebendig und verfügen über eine gewisse Salzigkeit im Abgang.

Champagne Fèrejean Frères

Reben statt Jaguar-OIdtimer

Zum Schluss unserer Reise sind wir in Reims beim Champagnerhaus Bruno Paillard zu Gast. Der Gründer soll vor 40 Jahren zur Verwirklichung seines Traums seinen alten Jaguar verkauft und das Geld in Reben investiert haben. Seither ist das Weingut unabhängig und in Familienbesitz. Inzwischen hat Tochter Alice Paillard die Leitung übernommen. Als erster Betrieb in der Champagne deklarierte Bruno Paillard das Degorgierdatum auf der Flasche. Das führt zu mehr Transparenz. Zudem ist bei Bruno Paillard speziell, dass die Reserveweine wie Sherry im Solera-Verfahren gelagert werden.

Bei der Degustation können wir uns vom riesigen Reifepotential dieser Champagner überzeugen. Atemberaubend, wie nobel geschliffen, präzis, glasklar und elegant Bruno Paillard-Champagner sind. Bei einer Führung durch den Rebberg erleben wir die biologische Landwirtschaft hautnah. Pestizide und Herbizide sind bei Bruno Paillard verboten. Stattdessen wird viel Wert auf die Bearbeitung des Bodens gelegt. Um die Biodiversität zu erhöhen, werden Pflanzen und Blumen zwischen den Zeilen gesät. Das ist gut für die Natur, die Reben, den Wein – und zudem ein wunderbarer Anblick.»

Champagne Bruno Paillard
Champagne Bruno Paillard

Zu unseren Winzer-Champagnern