Alles fliesst – authentische Architektur für Weingüter
Wein und Architektur können sich gegenseitig anziehen und befruchten. Das zeigt unsere Reportage aus der Bündner Herrschaft. Mit dem Architekten Daniel Ladner besuchen wir die Weingüter Obrecht in Jenins und Gantenbein in Fläsch, die sein Churer Büro «Bearth & Deplazes Architekten» gebaut hat.
Typisch Obrecht
«Die Leidenschaft, mit der hier Wein produziert wird, inspiriert mich», sagt Daniel Ladner auf dem Weingut Obrecht in Jenins. Hier blieb bei der aktuellen Neugestaltung kaum ein Stein auf dem anderen. Unter der Leitung von Daniel Ladner und dessen Büro Bearth & Deplazes Architekten entstanden auf dem bestehenden Hofplatz drei neue Gebäude für den Gästebereich, die Büros und die landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Im weitläufigen unterirdischen Keller ist die Weinproduktion untergebracht. Der Eingang zum Untergeschoss beeindruckt: Ein überdimensioniertes Klapptor öffnet den Zugang zur Kellerei. Hier werden im Herbst die Trauben angeliefert, gewogen und im Nebenraum gekühlt. Francisca Obrecht erklärt: «Die Kühlung hilft uns sehr. Bei der biodynamischen Weinbereitung ist es besonders wichtig, dass wir die Trauben sauber sortieren können. So bringen wir möglichst wenig Botrytis und wilde Hefen in die Maischegärung. Dank der kühlen Lagerung können wir die Trauben ohne Zeitdruck sortieren.»
Passende Architektur
Das neue Gebäude erleichtert der Winzerfamilie die Arbeit. Die durchdachte Anlieferung und der grosszügige, auf die Bedürfnisse des Betriebes ausgerichtete Keller schaffen Entlastung. Daniel Ladner: «Eine Architektin oder ein Architekt muss den Auftraggebern zuhören und bei der Planung auf deren Bedürfnisse und Wünsche eingehen. Die Architektur für ein Weingut soll zum Stil der Winzerfamilie passen und vor allem praktisch sein.» Vor dem grossen Umbau konnte in den alten, kleinen Kellerräumen des Weinguts nicht mehr effizient gearbeitet werden. Christian und Francisca Obrecht wichen deshalb für einige Jahre mit der Produktion in eine Industriehalle am Dorfrand aus. Dort machten sie gute Erfahrungen mit der Arbeitsweise auf einer horizontalen Fläche und wollten diese beibehalten. Mit diesem praktischen Anliegen stiessen sie beim Architekten auf offene Ohren: «Ein Gebäude muss nutzbar sein. Gleichzeitig darf es gut aussehen und kann den Bezug zum Ort zeigen. Das eine schliesst das andere nicht aus», ist Daniel Ladner überzeugt. Im Obrecht-Keller zeigt sich die Ästhetik im passenden Schnitt der turnhallengrossen Cuverie. Die imposanten Reife- und Lagerkeller wirken mit ihrem rubinroten Anstrich fast sakral. Daniel Ladner: «Typisch Obrecht eben. So einen Keller gibt es sonst nirgends. Das soll auch so sein.»
Vorbild Gantenbein
Das Winzerpaar Obrecht wurde auf das Architekturbüro von Daniel Ladner aufmerksam, weil dieses vor bald 20 Jahren nur zwei Dörfer weiter den Neubau des Weinguts Gantenbein plante und realisierte. Auch bei Martha und Daniel Gantenbein in Fläsch standen die Architekten vor der Herausforderung, ein bestehendes Gebäude mit einem Neubau zu ergänzen. Bei unserem gemeinsamen Rundgang durch das Weingut Gantenbein zeigt sich Daniel Ladner noch heute zufrieden mit dem Bau: «Ich finde das Gebäude nach wie vor gut und stimmig. Es bewährt sich und altert schön.» Gestalterisch wurden Elemente des bestehenden Gebäudes aus den 80er-Jahren in den Neubau übernommen. Ein besonderes Stilelement ist die Klinkerfassade, die mit Hilfe eines Mauerwerk-Roboters hergestellt wurde. Dieser verdrehte jeden einzelnen Ziegel in einem unterschiedlichen Winkel. Mit dem Effekt, dass sich beim Betrachten der Fassade je nach Tageszeit und Witterungsstimmung ein reizvolles Spiel von Licht und Schatten entfaltet.
Form folgt Funktion
Auch beim Gantenbein-Projekt habe man genau zugehört, was der Bauherrschaft wichtig war, erzählt Daniel Ladner (hier im Bild) bei unserem Besuch. Daniel und Martha Gantenbein wünschten sich eine Produktion, die mit einfachen Abläufen und ohne Umpumpen, also nur mit Schwerkraft, funktioniert. Der Bau wurde ganz auf diese Bedürfnisse ausgerichtet. Daniel Ladner: «Wir gestalten nicht um der Kunst willen, l’art pour l’art.» Dennoch findet sich viel Schönes in dieser Kellerei. Zum Beispiel der von imposanten Pilzstützen geprägte Keller oder der Verkostungsraum im obersten Stockwerk mit seiner atemberaubenden Aussicht in die Rebberge und Kulturlandschaft.
Ausgezeichnete Gebäude
Das Gantenbein-Gebäude in Fläsch erhielt zahlreiche Architekturpreise. Auch der Neubau des Weinguts Obrecht in Fläsch erhält viel Lob und Anerkennung. Architekt Daniel Ladner hat sein Ziel bei der Gestaltung dieser zwei Weingüter erreicht. «Alles muss fliessen. Ich will Gebäude entwerfen und bauen, bei denen alles eine Logik hat und authentisch wirkt.»
Bündner Vorzeige-Weingüter
Die beiden Weingüter Gantenbein und Obrecht stehen für authentische Weine aus der Bündner Herrschaft. Gantenbein gilt als Pionier für erstklassigen Schweizer Pinot Noir und als Qualitätslokomotive. Obrecht gehört zu den führenden Betrieben, die biodynamisch arbeiten und auch Schaumwein im Angebot führen. Während die Weine von Gantenbein im oberen Preissegment angesiedelt und bei Martel nur auf Anfrage erhältlich sind, bietet Obrecht auch Weine an, die sich ideal für den Einstieg in diese faszinierende Weinregion eignen.