Martel schenkt ein

Krise als Chance: Beispiele aus der Martel-Weinwelt

Jürg Aegerter | 20.03.2024 | Lesezeit 1 Min. Krise als Chance: Beispiele aus der Martel-Weinwelt

Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs sagte der britische Premierminister Winston Churchill: “Never waste a good crisis”. Er meinte damit, dass dramatische Veränderungen unweigerlich zu neuen Erkenntnissen führen und frische Möglichkeiten aufzeigen. Ein Blick auf die Geschichte von Martel und die Entwicklung des Weinbaus in den letzten 150 Jahren beweist: Eine Krise ist oft gleichzeitig eine Chance, auch in der Weinwirtschaft. Das gilt für die Reblauskatastrophe, den Glykolskandal und die Corona-Pandemie.

Kleines Insekt ganz gross

1876 kamen Margarethe und Ferdinand Martel aus Deutschland in die Schweiz und legten den Grundstein für die Weinhandlung Martel, die inzwischen in fünfter Generation geführt wird. Die Ururgrosseltern des heutigen Geschäftsführers Jan Martel spezialisierten sich in St. Gallen auf den Verkauf von Mosel- und Bordeauxweinen.

Auslöser für den mutigen Schritt des jungen Unternehmerpaares war eine Krise in der Heimat. Eine kleine, gemeine Laus trug die Schuld an allem: die Reblaus.

Von 1867 bis 1915 vernichtete die Reblaus einen Grossteil der Weinreben in Europa. Eingeschleppt wurde sie aus den USA. Der Schädling breitete sich rasend schnell über halb Europa aus. Erst mit der Zeit fanden Wissenschaftler eine Lösung für das Problem: Man pflanzte amerikanische Rebstöcke in Europa an und veredelte sie mit europäischen Reben. Doch für viele Winzer kam das zu spät. Sie hatten ihre Weinberge bereits aufgegeben. Erst im Nachhinein zeigte sich das Gute an der Reblaus-Katastrophe. Die Krise zwang die einzelnen Winzer, neue Wege zu suchen. Klein- und Kleinstwinzer schlossen sich zu Genossenschaften zusammen, die zum Teil bis heute erfolgreich bestehen.

Krise als Chance

Glykolkrise führt zum Neuanfang

1985 erschütterte der Glykol-Weinskandal unser Nachbarland Österreich. Damals war die Nachfrage nach süssen und lieblichen Weinen enorm. Einige Winzer hatten bei der Zuckerung geschlampt und zusätzlich Diethylenglykol als Süssungsmittel und Geschmacksverstärker zugesetzt. Glykol ist auch als Frostschutzmittel bekannt. Ein Riesenskandal, der die österreichische Weinwirtschaft ins Mark traf.

In der Folge kam der Weinexport aus Österreich fast zum Erliegen. Millionen von Flaschen wurden vom Markt genommen. Viele kleine Winzer, die in den Skandal nicht verwickelt waren, gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten. So schlimm es für die Betroffenen damals war – heute gilt der Glykolskandal als Auslöser für eine positive Entwicklung.

Der österreichische Weinbau erfand sich nach der Krise völlig neu. Eine Qualitätsoffensive sorgte für Besserung. Wein aus Österreich geniesst mittlerweile den besten Ruf und ist im In- und Ausland beliebter denn je.

Krise als Chance

Glück im Unglück

2020. Corona-Pandemie. Die Schweizer Gastronomie schliesst von einem Tag auf den anderen. Geselliges Beisammensein in der Öffentlichkeit ist kaum mehr erlaubt. Ein wichtiger Teil des Absatzmarktes für Wein bricht weg. Die gute Nachricht: Die Umsatzeinbussen in der Gastronomie werden durch den boomenden Privatkonsum nahezu ausgeglichen. Unsere Weinhandlung ist mit ihrem digitalen Angebot auf den Ansturm der Privatkundschaft vorbereitet. Auch dank der langen Erfahrung im Online-Handel. Martel war 1995 die erste Weinhandlung in Europa, die Wein über einen Internet-Shop verkaufte. Die allermeisten der während der Krise dazugewonnen Privatkunden sind geblieben. Aufgrund vertrauensvoller Gespräche mit den Gastronomen haben sich unsere Beziehungen während dieser Lockdowns sogar noch gestärkt. Dank unserer Online- und Weinkompetenz sowie unseren engen Verbindungen in die Gastronomie erwies sich auch diese Krise für uns als Chance – ganz im Sinne Churchills.

Krise als Chance