Alles nur Etikette?
Zum Thema Etiketten gibt es fast so viele Meinungen wie es Etiketten selbst gibt. Der eine mag sie, der andere nicht. Für die einen steht zu wenig auf der Weinetikette, für die anderen zu viel. Wenig umstritten sind die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben. Es allen recht zu machen, ist eine Kunst, die keine Etikette kann.
Gestaltung und Inhalt
Ohne Etikette wäre ein Wein wie der andere. Die Etikette macht die Unterschiede sichtbar. Sie nennt den Namen des Weins, zeigt, woher er kommt und informiert über Vieles mehr. Neben den Pflichtangaben und den freiwilligen Zusatzinformationen (siehe unten) sind vor allem der inhaltliche Fokus und die Gestaltung entscheidend. In Bordeaux zum Beispiel steht das Weingut im Mittelpunkt: wichtig ist der Name des Châteaux, das den Wein produziert. Anders im Burgund. Dort dreht sich alles um die Herkunft. Das Weindorf oder die genaue Lage des Weinbergs – des Crus – stehen in grossen Lettern auf der Etikette.
Etiketten sind wie der Wein: Geschmackssache
An der Gestaltung von Weinetiketten scheiden sich die Geister. Zurückhaltende, stille Etiketten finden ebenso ihre Liebhaber wie laute, auffällige. Selbst bei den Weinprofis von Martel sind die Geschmäcker verschieden. Weinberater Marc Brassel sagt: «Ich finde klassische Etiketten schön, weil Wein für mich ein Kulturgut ist, das es schon seit Tausenden von Jahren gibt. Die Etikette sollte das widerspiegeln.» Für Marc ist die Haptik der Etikette wichtig. «Wenn ich eine Etikette anfasse, erfahre ich schon viel über den Inhalt. Die Qualität des Papiers und schöne Details in der Ausstattung zeigen, wie der Winzer sein Produkt wertschätzt. Das lässt für mich Rückschlüsse auf die Qualität zu.
Der erste Eindruck zählt
Im Martel-Sortiment finden sich unterschiedlichste Etiketten. Viele davon mit hohem Wiedererkennungswert. Zum Beispiel die ultratraditionellen Etiketten von Maximin Grünhaus aus Deutschland oder sehr moderne, reduzierte Etiketten wie die des spanischen Weinproduzenten Edetària. Klares Design kommt gemäss dem Martel-Weinberater Bernd Vogel gut an: «Je weniger, je besser. Dies, weil die Kundinnen und Kunden ein schlichtes Design mit hochwertig verbinden. Weniger gut laufen kindliche Etiketten, etwa mit Comicfiguren oder Zeichnungen drauf.» Bernd schätzt persönlich Etiketten, die nicht ablenken und verwirren. Und gleichzeitig mag er auch ausgesprochen klassische Varianten. «Zum Beispiel vom extrem traditionellen Rioja-Weingut López de Heredia Viña Tondonia.» Die verschnörkelte Etikette stört ihn hier nicht. Im Gegenteil: «Das wirkt extrem authentisch». Beim Tondonia-Reserva kommt die Ausstattung mit dem Drahtgitter hinzu. «Dieses verhinderte früher Fälschungen und passt bis heute perfekt», sagt Bernd.
Pflichtangaben auf Qualitätswein-Etiketten
- Name des Weins oder des Weinguts (Erzeuger/Kellerei/Händler)
- Geografische Herkunft (Land/Region/AOC)
- Alkoholgehalt (Angabe in Volumenprozent)
- Warenlosnummer (zur Rückverfolgbarkeit der Abfüllung)
- Inhaltsmenge
- Hinweis auf Zutaten (z.B. Sulfite)
Ergänzende Angaben (neu vermehrt als QR-Code)
- Farbe
- Jahrgang (mind. 85% der Trauben stammen aus besagtem Jahr)
- Rebsorten (mind. 85% der Trauben sind von der angegebenen Sorte)
- Hinweis auf Restzuckergehalt (z.B. trocken, halbrocken, süss)
- Angaben zur Fassreife (z.B. Barrique)
- Phantasienamen sind erlaubt, dürfen jedoch nicht täuschen
Für alle etwas
«Je nach Art des Etiketts wird eine bestimmte Kundschaft angesprochen», weiss Weinberater Marc Brassel aus Erfahrung. «Es ist schon vorgekommen, dass einem Kunden innerhalb von Minuten ein Etikett gar nicht gefallen hat und kurz darauf eine Kundin mehrere Flaschen desselben Weins gekauft hat – wegen des schönen Etiketts.» Männer würden kaum zugeben, dass sie einen Wein wegen des Etiketts wählen. Frauen hätten damit kein Problem, erklärt Brassel. Diese Erfahrung aus der Praxis ist wissenschaftlich untermauert.
Etikettenkauf – Eben keine Frage des Geschlechts
Eine Masterarbeit der Universität St. Gallen, die das Kaufverhalten von Frauen auf dem Weinmarkt untersucht hat, zeigt, dass sowohl Männer als auch Frauen Wein «nach Etikett» kaufen: Generell haben Frauen – im Gegensatz zu vielen Männern – aber kein Problem damit, dies zuzugeben, kommt die Studie zum Schluss. Als Grund dafür wird angegeben, dass Frauen beim Weinkauf emotionaler vorgehen. Sie sind sich bewusst, dass sie sich von der Gestaltung der Etiketten und der Flaschenform leiten lassen.
Das Aussehen lässt niemanden kalt
Bei der professionellen Weinverkostung geht es darum, Weine möglichst objektiv zu beurteilen. Selbst Profis tun sich manchmal schwer damit, bei polarisierenden Etiketten neutral zu bleiben. Für Philippe Gallusser, Einkaufsleiter bei der Weinhandlung Martel, ist klar: «Ein Etikett kann einen unbewusst beeinflussen, auch wenn man vom Fach ist». Die einfache Lösung für die Einkaufsprofis von Martel lautet deshalb: «Wir degustieren oft blind, um unvoreingenommen zu selektionieren.»