Bordeaux-Jahrgang 2024 – Die Auswahl macht’s

2024 war ein Jahr voller Herausforderungen für die Bordeaux-Winzer. Das Wetter stellte sie auf eine harte Probe – die Erntemenge war so gering wie seit 1991 nicht mehr. Viele Châteaux erreichten das gewohnte Qualitätsniveau nur bedingt. Dennoch gibt es 2024 überzeugende Weine – vor allem von besten Produzenten mit exzellenten Terroirs. Wir von Martel können es uns als unabhängige Weinhandlung leisten, eine strenge Auswahl zu treffen und bieten nur an, was wir für gut befinden. Unser Einkaufsleiter Philippe Gallusser war diesen April gemeinsam mit unserem Bordeaux-Einkäufer Benjamin Wolf im renommierten Weingebiet unterwegs, um sich ein Bild vom Jahrgang zu machen und die Weine zu selektionieren. Die gute Nachricht: 2024 soll der günstigste Bordeaux-Jahrgang seit langem werden.

Philippe Gallusser, das dominierende Gesprächsthema beim Jahrgang 2024 war – nebst der Senkung der Preise – sicher das Wetter. Was genau war das Problem?
Es war ungewöhnlich nass. Zwischen Oktober 2023 und Oktober 2024 fielen rund 1’400 mm Regen, eine Menge ähnlich der in Zürich oder St.Gallen. Für Bordeaux ist das sehr viel. Der Winter war mild, der Frühling kühl bis in den Juni hinein. Dann folgte ein schöner, trockener Sommer, der stellenweise sogar zu Trockenstress führte – allerdings ohne Hitzewellen. Die Schwierigkeiten kamen bereits im Spätsommer: Die Weisswein- und Merlot-Ernte im September wurde zum Teil verregnet, und im Oktober war das Wetter zur Cabernet-Lese unbeständig. Mal Sonne und dann wieder Regen.

Ist der Regen an allem schuld?
Nicht nur. Château Cheval Blanc schreibt in seinem aktuellen Jahrgangsbericht zwar offen: «Regen, Regen und noch mehr Regen». Aber es gab noch andere Herausforderungen. Auf Château Les Carmes Haut-Brion sagte man mir, dass neben Regen und kühlen Temperaturen vor allem die geringen Sonnenstunden ein Problem waren. 2024 schien die Sonne deutlich weniger als in normalen Jahren.

Wie haben die Weingüter auf diese Bedingungen reagiert?
Sehr unterschiedlich. Weingüter mit Top-Terroirs konnten Vieles auffangen, aber auch sie hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Blütezeit zog sich wegen des Regens ungewöhnlich lange hin – bis zu einem Monat. Das führte zu einer sehr uneinheitlichen Reife der Trauben. Eine strenge Selektion bei der Ernte war deshalb unerlässlich. Besonders für Bio-Weingüter war 2024 extrem fordernd. Und die Weinernte war wegen des wechselhaften Wetters für alle nicht einfach.

Man hört oft, dass in schwierigen Rotweinjahren die Weissweine profitieren. Warum war das 2024 nicht so?
Wir haben zwar Weine mit moderatem Alkohol und feiner Aromatik verkostet, oft aber mit spitzer Säure und eher wenig Körper. Positiv: Der Alkohol ist moderat und wir schätzen die delikate Aromatik. Manchen Weinen fehlt es jedoch ein wenig an Tiefe und Komplexität, auch wenn die Salzigkeit bei einigen sehr schön herauskam.

Wie sieht es bei den Rotweinen aus? Wo liegen Stärken und Schwächen?
Positiv sind sicher die moderaten Alkoholwerte und die Frische. Mir gefällt auch, dass Neuholz unter diesen Umständen eher dezent eingesetzt wird. Die Frucht geht eher in Richtung Blaubeere, was für ein kühles Jahr durchaus bemerkenswert ist. Merlot hat wegen des Regens während der Ernte tendenziell schwächer abgeschnitten, besonders in schwierigen Lagen. Cabernet gelang in der Regel besser. Es gibt keinen klaren Gewinner unter den Regionen – alles hängt vom jeweiligen Château und dem Terroir ab.

Philippe Gallusser

Entscheidend ist die Qualität der Gerbstoffe. Bei Basisweinen sind die Tannine vielfach pelzig und rustikal. Aber die Top-Weine zeigen das Gegenteil – und genau diese haben wir in unserer Selektion bevorzugt. Wie die Winzer selektionieren auch wir als Weinhändler 2024 sehr kritisch.

Wo siehst du das Gute beim Jahrgang 2024? 
Gerade in schwierigen Jahren erkennt man, welche Châteaux wirklich konstant hohe Qualität liefern können. Das liegt am Terroir, am Knowhow der Winzer und auch an den finanziellen Ressourcen, alles Menschenmögliche umzusetzen. Einige setzen etwa auf Wasserbad-Selektion, bei der nur die vollreifen Trauben obenauf schwimmen. Aber trotz allem bleibt Wein ein Naturprodukt – und das erinnert daran, dass nicht alles kontrollierbar ist. Diese Demut ist wichtig.

Wie geht Martel mit dem Jahrgang 2024 um?
Wir haben uns intensiv vor Ort ein Bild gemacht, mit vielen Besuchen und Degustationen. Es gab Enttäuschungen, aber auch echte positive Überraschungen. Unsere Auswahl ist streng. Wir empfehlen nur, was wir selbst überzeugt trinken würden. Unsere Unabhängigkeit erlaubt es uns, keine Kompromisse zu machen. Eine Empfehlung von Martel ist ein echtes Qualitätsversprechen. Und viele 2024er aus dem Bordeauxgebiet werden schon jung Freude bereiten und dennoch gut reifen können.

Man hört von besonders attraktiven Preisen für den 2024er. Stimmt das?
Wir erwarten, dass der aktuelle Bordeaux-Jahrgang so günstig wird wie seit Jahren nicht mehr. Ein Preisvergleich lohnt sich – die Zahlen sprechen für sich. Im Einstiegssegment sehen wir ausgesprochen faire Preise. Und im Premiumbereich sind sogar deutliche Nachlässe möglich. Wer also renommierte Namen zu vergleichsweise günstigen Konditionen sucht, sollte jetzt die Gelegenheit nutzen.

Die Martel-Noten für den Bordeaux-Jahrgang 2024

Die Jahrgangstabelle der Weinhandlung Martel ist eine zuverlässige Quelle für die Einordnung von Jahrgängen.

Rotwein
Rive gauche (inkl. Pessac-Léognan): Note 3 von 5
Libournais: Note 3 von 5

Weisswein
Note 3 von 5

Unsere Empfehlungen

Rotweine

Médoc
Montrose, St. Estèphe
Pontet-Canet, Pauillac
Lafite-Rothschild, Pauillac
Léoville-las-Cases, St. Julien
Brane-Cantenac, Margaux
Palmer, Margaux
Margaux, Margaux

Pessac-Léognan (rot)
Haut-Bailly
Carmes Haut-Brion
Haut-Brion

Pomerol
Lafleur
Vieux Château Certan
Beauregard
Nenin

Lalande-de Pomerol
Le Bourg, Château de Chambrun

St. Émilion
Cheval-Blanc
Tertre Roteboeuf
La Gaffelière

Weissweine

Graves / Pessac Léognan (weiss)
Smith-Haut-Lafitte
Coutet Sec

Sauternes
Doisy-Daëne
Coutet

Best Buys
Domaine de l’A, Côtes de Castillon
Haut-Bailly II, Pessac-Léognan rouge
Lespault-Martillac, Pessac-Léognan rouge
Lespault-Martillac, Pessac-Léognan blanc
Doisy Védrines, Sauternes